Beitrag

WiesenObst Studie: Besserer Nährstoffgehalt als Tafelobst?

Wir lieben Schwäbisches WiesenObst! Die traditionellen Anbauweisen, Unterlagen mit Wurzelwerk, welches weit in die Erde reicht, alte Apfel- und Birnensorten mit höheren Gehalten an Gerbstoffen, Antioxidantien und Mineralstoffen. In einer Zeit, in der sich Lebensmittelerzeugung und -verarbeitung immer mehr auf Zusatzstoffe, Hilfsmittel und neue Züchtungen stützt, wird der Fokus auf den Ursprung – auf die Natürlichkeit der Rohstoffe – immer populärer. Die Gesellschaft hinterfragt mehr und mehr welche Auswirkungen hochgezüchtete und hochverarbeitete Lebensmittel auf unseren Körper haben. Und die Reaktion darauf ist oft blind zurück zu den Wurzeln zu gehen.

Deshalb fragen wir uns: stimmen diese Annahmen? Ist Wiesenobst wirklich reicher an gesundheitsfördernden Inhaltsstoffen als Tafelobst oder Industriemostobst? Um diese Hypothese auf wissenschaftliche Beine zu stellen, hat die Manufaktur Jörg Geiger mit der Hochschule Geisenheim University ein Projekt in die Wege geleitet. Die zentrale Frage des Projekts ist, welche abgrenzenden, gesundheitsrelevanten Inhaltsstoffe Wiesenobst vermehrt aufweist. Dazu wird erforscht, ob ein Unterschied in Saftinhaltsstoffen festgestellt werden kann zwischen typischem Tafelobstpresssaft, Industriemostobstsaft und Wiesenobstsaft. Hierfür werden jeweils sorten- und unterlagentypische Äpfel verwendet. Außerdem wird erforscht, ob ein Unterschied in Saftinhaltsstoffen festgestellt werden kann zwischen Obst der gleichen Sorte, die auf unterschiedlichen Unterlagen (stark, mittel und schwach wachsend) angebaut werden. Hierbei werden Stuttgarter Gaishirtle und Champagnerbratbirne als Vergleichspartner herangezogen.

Untersucht wurden jeweils Zuckergehalt (in Grad Oechsle), Gesamtsäure (in g/L Weinsäure), Gesamtphenole (Folin-Test), TEAC (in mmol/L Trolox Äquivalent), Phenolgehalte (UPLC in mg/L) und die Mineralstoffgehalte Kalium, Calcium und Magnesium. Die Saftproben wurden aus Äpfeln und Birnen aus der Gemarkung hergestellt. Nach dem Saften wurden die gewonnen Rohsäfte mit 25% Methanol haltbar gemacht und eingefroren bis zur späteren Analyse an der Hochschule Geisenheim.

Erste Ergebnisse kann die Studie bereits vorweisen. Im Folgenden werden die Ergebnisse des ersten Teils der Analyse präsentiert. Verglichen werden Mischsäfte aus Äpfeln auf den Unterlagen Sämling/Bittenfelder (stark wachsend) als Wiesenobstsaft, MM106 (mittelstark wachsend) als Industriemostobstsaft und M9 (schwach wachsend) als Tafelobstpressaft. Zu den Anbauformen Tafelobst auf M9 und WiesenObst auf Sämlingsapfel wurden ein typischer Sortenmix herangezogen, als Referenzsorte für den Industriemostobstsaft wurde die gängige und sehr säurereiche Sorte Rewena als Standard verwendet.

Bei Zuckergehalten wurde erwartet, dass das Tafelobst (M9) Spitzenreiter ist, allerdings zeigt die Analyse ähnliche Werte um 80°Oe auf (siehe Abbildung 1). Dabei ist der Saft auf der Sämlingsunterlage sogar etwas gehaltvoller mit 81,5°Oe. Die Säuregehalte hingegen präsentieren ein etwas unterschiedlicheres Bild. Hier kann ein deutlicher Unterschied zwischen dem säurearmen Tafelobstsaft mit 9g/L und der sehr säurereichen Industriemostobstsorte und dem typischen Mischsaft aus Wiesenobst mit ±15g/L Gesamtsäure festgestellt werden.

Eine wohl eher weniger bekannte Messgröße ist der Phenolgehalt. Hierzu wurden zum einen die Gesamtphenole mit Hilfe des Folin-Ciocalteu-Reagenzes analysiert und zum anderen die einzelnen Stoffverbindungen, welche der Phenolgruppe angehören, mithilfe einer UPLC Analyse (Ultra Performance Liquid Chromatography, siehe Abbildung 6). Abbildung 6 zeigt die Ergebnisse der UPLC, aufgeteilt in die Unterlagen Sämling (A), MM106 (B) und M9 (C). Die Ausschläge (Peaks) sind wie folgt: Neochlorogensäure (1), Procyanidin B1(2), Catechin (3), Chlorogensäure (4), Procyanidin B2 (5), Epicatechin (6), Procyanidin C1 (7), Quercetin–3-galactoside (8), Quercetin-3-glucosoide (9), Quercetin-3-xyloglucoside (10), Phloretinxyloglucosid (11),Quercetin-3-rhamnoside (12), Phlorizin (13).

Abbildung 1 Analyseergebnisse Zuckergehalt, Gesamtsäure, Gesamtphenole, TEAC

Polyphenole, umgangssprachlich auch Gerbstoffe genannt, sind zum einen für den adstringierenden Geschmackseindruck, das trockene Gefühl im Mund zuständig, zum andern sind es die Stoffe, die in Verbindung mit Luftsauerstoff zu einer Braunfärbung führen, also „braun gerben“ – deshalb auch der Name. Um die 70er Jahre, als die Vorzüge dieser Polyphenole noch nicht erforscht waren, wurden ein Großteil des Tafelobstes gerbstoffarm gezüchtet, was der wohl geschmacklich deutlichste Unterschied zu den alten Sorten im Schwäbischen Wiesenobst darstellt. Heute schreibt die Wissenschaft den Polyphenolen viele gesundheitsfördernde Eigenschaften zu. Sie sollen Entzündungen hemmen, Fettablagerungen in Blutgefäßen vermindern, Zellschäden verhindern, Bakterienwachstum verringern und sogar das Wachstum bestimmter Krebszellen verlangsamen. Verantwortlich für viele dieser Funktionen ist die Eigenschaft als Radikalfänger (eine Art Staubsauger) der Polyphenole. Obwohl es in diesem Themengebiet noch einiges zu erforschen gibt, ist bereits jetzt klar, dass schon geringe Mengen an Polyphenolen eine positive Wirkung auf unsere Gesundheit haben können.

Vorsichtige Aussagen zu gesundheitsfördernden Eigenschaften können den verschiedenen Untergruppen, wie in Abbildungen 2-5 dargestellt, bereits zugesprochen werden. Flavanole (Abbildung 2), oft als Katechine bezeichnet, sind farblos, kommen vermehrt in Kakao und in Fruchtschalen vor und gehören zu den Flavonoiden. Vermutet wird, dass durch deren Stickoxidhemmung die kardiovaskuläre Gesundheit gefördert wird. Des Weiteren wird angenommen, dass sie die kognitive Leistung fördern und langzeitig das Gehirn schützen. Abbildung 5 zeigt die Flavonole, die Schwester der Flavanole. Diese werden oft als Quercetine bezeichnet, sind gelb färbend und ebenfalls vermehrt in Fruchtschalen vorhanden. Den Quercetinen werden über ihre Antioxidationsfunktion verschiedene gesundheitsfördernde Eigenschaften zugeschrieben. Sie sollen Diabetes vorbeugen und durch den Schutz der Zellen vor oxidativem Stress Herz-Kreislauferkrankungen und Krebserkrankungen bekämpfen. Dihydrochalcone (Abbildung 3), ebenfalls eine Untergruppe der Flavonoide sind gelb bis weißlich und oft durch ihren süßlichen Geschmack erkennbar. Oft werden sie in der Medizin verwendet, da ihnen natürliche antimikrobielle, krebsbekämpfende, antituberkuläre, und entzündungshemmende Eigenschaften zugesprochen werden. Abbildung 4 zeigt die Gehalte der Hydroxyzimtsäuren (HZS). Diese gehören zur Gruppe der Phenolsäuren und ihre Bioverfügbarkeit ist abhängig vom Veresterungsgrad. Es wird angenommen, dass HZS meist erst im Dickdarm von Bakterien verstoffwechselt werden und so lokal ihre Wirkung entfalten. In-vitro Studien zeigen, dass HZS das Wachstum von gramnegativen Bakterien hemmt, weshalb ihnen bakterizide Wirkung zugeschrieben wird.

Die Ergebnisse der Polyphenolanalysen sind eindeutig. Sowohl die Gesamtphenole (siehe Abbildung 1), als auch die einzelnen Phenolmengen gemessen mit der UPLC (Abbildungen 2-5 und Abbildung 6) zeigen deutlich, dass typisches Wiesenobst signifikant höhere Level an Phenolen vorweist.

Die TEAC Analyse (siehe Abbildung 1) misst die Menge der Antioxidantien in der Saftprobe. Antioxidantien sind Verbindungen, welche sich sowohl stofflich als auch funktional mit den Polyphenolen überschneiden. Sie verhindern, wie der Name schon sagt, die Oxidation. Oxidation sieht man am besten an einem Rotwein, welcher sich braun verfärbt hat – eine Alterungserscheinung. Ähnlich geht es unserem Körper. Durch UV-Strahlung und Umweltschadstoffe gelangen hochreaktiven Sauerstoffverbindungen in unserem Körper die, so generell verstanden, für die Entstehung verschiedener Krankheiten und das Zellaltern mitverantwortlich sind. Nicht überraschend weißt der Wiesenobstsaft einen um das 3-fache höheren Antioxidantiengehalt als der Saft aus Tafeläpfeln auf.

Wir lieben Wiesenobst also mit gutem Grund? Die ersten Ergebnisse deuten definitiv darauf hin. Die Annahme, dass Schwäbisches Wiesenobst nicht nur unsere Region fördert, sondern auch unseren Körper stärken kann, sollte also mit Nachdruck weiter nachgegangen werden. Während dies lediglich ein Zwischenbericht ist und weitere Analysen noch auf ihre Auswertung warten, sind wir zuversichtlich, dass unser Tun von der richtigen Überzeugung gesteuert wird.  

Abbildung 2 UPLC Flavanole
Abbildung 4 UPLC Hydroxyzimtsäuren
Abbildung 3 UPLC Dihydrochalcone
Abbildung 5 UPLC Flavonole
Abbildung 6 UPLC, UV-vis 1

garantierte herkunft / tief verwurzelt / echter geschmack