Wie wird Schwäbisches WiesenObst angebaut?

Tief verwurzelt – Starkwachsende Unterlagen

Starkwachsende Unterlagen induzieren kleinere Früchte als schwachwachsende Unterlagen (Apfel z. B. M9 oder M26, Birne Quitte oder Pyrodwarf) und haben ein geringeres Blatt/ Fruchtverhältnis. Somit steht aber mehr Blattmasse pro kg Frucht zur Verfügung. Dies wirkt sich durch die größere Blattmasse in höheren Zuckerwerten auch für die Frucht positiv aus. Eine Versorgung mit Blattdüngern, wie es im Anbau auf schwachwachsenden Unterlagen landwirtschaftliche Praxis, ist beim Schwäbischen WiesenObst durch das Vorhandensein und die Aufnahmemöglichkeit über die Wurzel nicht erforderlich.

Durch die Verwendung starkwachsender Unterlagen verfügen die Bäume über ein weit verzweigtes und ausgeprägtes Wurzelsystem. Dieses ist in der Lage Wasser und Nährstoffe direkt aufzunehmen oder mit anderen Pflanzen auszutauschen. Diese Bäume sind in einer bewährten Permakultur widerstandsfähiger und können Mangel über größere Distanzen mit anderen Pflanzen mit Hilfe von verschiedenen Netzwerken im Boden austauschen. Voraussetzung für eine funktionierende Permakultur mit Obstbäumen ist die Erhaltung spezifischer Rahmenbedingungen in Bezug auf pH-Wert und Nährstoffbedingungen, deshalb sind Bodenanalysen verpflichtend vorgeschrieben, im zertifizierten Bio Anbau ist innerhalb des Gesamtkonzept eine intensivere Beschäftigung mit dem Boden Grundvoraussetzung.

Deshalb gilt verbindlich: Alle Bäume sind auf starkwachsenden Unterlagen zu ziehen. Für Bestände, die mindestens 7 Jahre alt sind, sind maximal 10% Ausnahmen aus früheren Bewirtschaftungsmaßnahmen zulässig. Bei Ersatz dürfen jedoch nur Sorten auf starkwachsenden Unterlagen nachgepflanzt werden.

Platz braucht was gut werden soll – Bestandsdichte und Abstände

Es dürfen nur 310 Bäume gepflanzt werden, wo heute sonst 1900 Bäume im Durchschnitt / ha (lt. Satistik BW) stehen, das entspricht 16,3% – so bleibt genügend Platz für die Entwicklung des einzelnen Baums und für die Natur.

Der größere Abstand der Bäume trägt zum Erhalt der Biodiversität bei. Durch die Begrenzung der Pflanzdichte können in den weiten Reihenabständen Streifen mit blühenden Pflanzen erhalten werden, diese sind wichtig, um Nützlingen Nahrungsquellen im Bestand anzubieten. Beim Befall der Bäume mit Schädlingen, also dem Biss des Schädlings in das Blatt, kann der Baum selektiv Lockstoffe absondern, um Nützlinge anzuziehen. Das Vorhandensein und die räumliche Nähe zum Nützling sind Voraussetzung dafür, dass der Nützling angezogen wird und eine natürliche biologische Balance gehalten werden kann. (MP S 41-47, 62-63) Daher ist der Einsatz von Insektiziden im Schwäbischen WiesenObst bei etablierten Ökosystemen meist nicht erforderlich und unüblich.

Der Umgang mit dem Boden

Die Bäume auf stark wachsenden Unterlagen induzieren eine natürliche starke Alternanz. Diese wird beim Tafelobstanbau und beim Industriemostobstanbau durch Unterlagenwahl und Maßnahmen der Kulturführung gebrochen. Diese sind neben Schnittmaßnahmen, die Mengenregulierung durch mechanisches Ausdünnen oder der Einsatz von chemischen und biochemischen Wirkstoffen (Giberelline o.ä.) zur Mengenregulierung. Die beiden letzten Maßnahmen sind im Schwäbischen WiesenObst unüblich. Durch die natürliche nicht gebrochene Alternanz der Bäume wird nicht jedes Jahr eine gleichmäßige Fruchtproduktion erreicht. In den Zwischenjahren (in denen der Baum kaum oder keine Früchte trägt) wird auf natürlichem Wege vom Baum über Photosynthese Kohlenstoff gebildet. Dieser Nährstoffüberschuss wird im ausgeprägten Wurzelwerk gespeichert und insbesondere in den Perioden des Wurzelwachstum (nach der Blüte, während der Fruchtansatzbildung und nach der Ernte bis Ende November) nach unten geleitet. Neben der Speicherung steht der Überschuss für die Symbiose (Stoffaustausch) mit Mykorrhiza-Pilzen und Bodenbakterien zur Verfügung. Mykorrhiza-Pilze können Mikronährstoffe erschließen und diese im Gegenzug zur Verfügung stellen.

Bodenbakterien sind in der Lage, Mineralstoffe aus dem Gestein herauszulösen und stellen diese auch im Austausch über Mykorrhiza-Pilze wieder zur Verfügung. Durch die extensive und sehr naturnahe Anbauform gelangen durch die stark wachsenden Wurzelunterlagen in Verbindung mit Bäumen, die ein wesentlich höheres Durchschnittsalter erreichen, höhere Mineralstoffwerte in die Früchte von Schwäbischem WiesenObst.

Deshalb gilt: Bodenanalysen sind verbindlich vorgeschrieben und Grundlage, dass bedarfsgerecht gedüngt wird. Ebenso können so nachteilige Veränderungen durch die Übersäuerung der Böden und die damit einhergehende Nährstofffixierung, durch nicht sachgerechte Versorgung oder Unterversorgung, entgegengewirkt werden. Nährstoffarme oder falsch versorgte Obstwiesen haben nachteilige Folgen für die Obstbäume und schlussendlich für die Qualität der Rohwaren.

 

Biodiversität durch Förderung der Vielfalt

Die durchschnittliche Flurstückgröße bei den im Schwäbischen WiesenObst registrierten Flächen liegt bei nur 0,57 ha (585ha bei 1121 Flurstücken, Stand 20.11.2020) und zeigt die kleinräumige Struktur. Somit tragen unterschiedliche Schwerpunkte der Flächenanmelder zusätzlich zu einer Verbesserung der Diversität im gesamten Kulturraum bei.

Zur langfristigen Sicherung der Erzeugungsqualität, Vitalität und Stärkung der Permakultur müssen mindestens 4 Bonuspunkte aus den Kann-Kriterien nachgewiesen werden. Diese sind je nach Einzellage und betriebsspezifischen Voraussetzungen beim Bewirtschafter für jedes Flurstück ggf. anders zu definieren.

Anforderung Bonuspunkte
Mindestens 5% der Bäume < 7 Jahre 1
Anforderung Bonuspunkte
> 50% Sorteneintragung vor 1950 1
Anforderung Bonuspunkte
Mindestens EU-Biozertifizierung 3
Anforderung Bonuspunkte
a) baumverträglich, traditionell 1
b) zweischürig oder artenreiche Wiese 2
Anforderung Bonuspunkte
a) Nisthilfen, Blühstreifen, Totholz, etc. 1
b) Steinhäufen, Hecken, etc. 1
Anforderung Bonuspunkte
Nachpflanzungen neuer Bäume 1
Anforderung Bonuspunkte
a) 5-jähriges Baumschnittkonzept oder Alternative 1
b) Erhalt von Baumriesen (> 10m) mind. 1 Baumriese 1

garantierte herkunft / tief verwurzelt / echter geschmack