Drei Generationen, ein Team – Auer Fruchtsaftherstellung in Lauterstein

Der Talgrund entlang der Lauter hat etwas Liebliches, beinahe Verwunschenes. Fast unmerklich verengt sich das Tal flussaufwärts, immer höher ragen die Steilwände auf und werfen lange Schatten, nur die Weissensteiner Steige liegt hoch oben noch im Sonnenlicht. Direkt darunter entspringt dem Fels eine Quelle– die idealen Voraussetzungen für ein Mühlrad.
Bereits in den 40iger Jahren betrieb Urgroßonkel Auer zusätzlich zur Landwirtschaft mit Milchvieh und etwas Ackerbau eine Ölmühle. Bauern von der Alb konnten hier Raps-, Leinsamen- und Bucheckernöl pressen lassen. In den 50iger Jahren wurden diese traditionellen Sorten immer mehr von Sonnenblumenöl verdrängt. Großvater Alfred Auer schloss die Ölmühle und begann stattdessen Fruchtsaft zu pressen. Eine kleine Presse für Lohnpressungen und für den Eigenbedarf gab es bereits – schließlich hatte jeder in der Gegend alte Apfel- und Birnbäume, deren herbe Früchte sich besonders für die Saftproduktion eigneten. Nur die Bezeichnung WiesenObst gab es damals noch nicht. In den 30iger Jahren wurde eine Technologie entwickelt mit der Saft haltbar gemacht werden konnte, und darin sah Alfred Auer eine Chance. Von Freunden in der Branche kaufte er Maschinen und begann mit der kommerziellen Saftabfüllung.

Sohn Karl Heinz Auer arbeitete früh im Betrieb mit. Zunächst unsicher was er nach dem Abitur machen wollte studierte er Getränketechnologie in Geisenheim. Die Alternative wäre Luft- und Raumfahrttechnik gewesen. Vielleicht liegt es an der Enge des Tals, dass Modellbau schon früh zu seinem Hobby wurde. Er entwickelte ferngesteuerte Modellflugzeuge die er auf der Albhochebene testete.
Während des Studiums arbeitete Karl Heinz Auer auch mit Weinbauern zusammen und bekam neue Impulse – für Saftmischungen, für Obstwein und Seccos. 1993 übernahm er den Betrieb und begann sein hohes technologisches Wissen zu nutzen. Für die Fruchtsäfte hatte sein Vater zunächst dieselben Absatzwege im Gaststättenbereich und im Einzelhandel genutzt wie beim Öl. Längst sind Getränkemärkte hinzugekommen, die auch mit gängigen Sorten wie Orangen- oder Multivitaminsaft beliefert werden. Aber WiesenObst bleibt die Spezialität. Je nach Ernte werden zwischen 500 und 2.000 Tonnen im Jahr verarbeitet. Rund 2.000 Anlieferer sind in der Kartei erfasst, aber nicht alle sind aktiv. Der Anteil der Lohnmosterei liegt bei 20%. Die Anlieferer bekommen einen Gutschein für Saft entsprechend der gelieferten Menge. Große Anlieferer können auch Saft aus ihrem eigenen Obst bekommen. Geliefert werden überwiegend Äpfel, aber auch einige Birnensorten sind vertreten, darunter die Oberösterreicher- und die Schweizer Wasserbirne.

Neben dem alten, in den Hang gebauten Wohnhaus stehen heute moderne Hallen mit einer Abfüllanlage und riesigen Edelstahltanks mit Platz für 1,2 Millionen Liter Saft.

Karl Heinz Auer war der erste, der in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt Ostalb an einem Aufpreismodell für Mostäpfel teilnahm. In den 90iger Jahre produzierte er IBA (Important Bird Area) Apfelsaft – die Streuobstwiesen im Vogelbrutgebiet zwischen Teck und Hohenstaufen sind Lebensraum für seltene Arten wie Wendehals und Halsbandschnäpper. Für Mostäpfel aus dieser Region zahlte Auer einen erheblichen Aufpreis. Der Nachteil war jedoch, dass die Auers mehr Aufpreis-Äpfel ankauften, als sie IBA-Saft vermarkten konnten und somit einen Teil der Mehrkosten selbst tragen mussten.

Um die Vermarktung kümmert sich inzwischen Tochter Ann-Marie Auer. Nach dem BWL Studium in Augsburg arbeitete und reiste sie zunächst für mehrere Monate in Kanada. Kurz vor dem Beginn der Pandemie kehrte sie in den elterlichen Betrieb zurück und dort wurde sie dringend gebraucht. Viele Auer Handelspartner lieferten ihren Saft exklusiv an Gaststätten, und die hatten nun auf einmal alle geschlossen. Wie allen in der Familie liegen auch Ann-Marie die WiesenObst Wiesen, die alten Bäume und natürlich die Menschen, die sie pflegen am Herzen. ‚Ich würde gern jedem Anlieferer 10Euro mehr für 100kg zahlen, aber beim Verkauf rechnen wir mit Margen im Cent Bereich‘, sagt Auer. Sie hofft, dass der Aufpreis, der für WiesenObst gezahlt wird, zu einer Lösung beiträgt. Es müsse einen Aufpreis sowie bessere Vermarktungschancen geben, wenn die Wiesen überleben sollen. ‚Mit den Wiesen geht soviel Geschichte verloren‘.
Nachdem Alexander sein Studium abgeschlossen hatte, kehrte auch Ann-Maries Bruder 2022 in den Betrieb zurück. Damit ist das Drei-Generationen Team vollständig. Großvater Alfred ist inzwischen über 90, aber ein Rundgang durch den Betrieb und ein Besuch bei den Bäumen gehören weiter zu seiner täglichen Routine.

Fotos: Dr. Martin Kunz

garantierte herkunft / tief verwurzelt / echter geschmack